Jetzt geht die Post ab!

Was bedeutet das für die stationäre Apotheke?

Bestimmt wundern Sie sich über die von mir gewählte Headline. Wahrscheinlich fragen Sie sich sogar, was ich mit „Jetzt geht die Post ab“ meine. Jetzt, wo doch ganz Österreich und Deutschland zu einem großen Teil stillstehen.

Die Betonung liegt hier bei „zu einem großen Teil“, denn nicht alles steht still. Gerade in drei Bereichen ist seit dem Shut-Down die Hölle los: im Gesundheitsbereich, im Lebensmittelhandel und im Online-Handel.

Gerade Sie als Apotheker/in waren in den letzten Wochen ganz besonders gefordert. Sie und Ihre Mitarbeiter/innen haben bis an Ihre Grenzen gearbeitet: Kunden beraten, betreut, seelisch aufgefangen – desinfiziert, hergestellt, geordert, geschlichtet, ausgeliefert, usw.

In Windeseile mussten Sie Mitarbeiter-Einsatzpläne verändern, Sicherheitsmaßnahmen treffen und Ihre Apotheke kurzfristig nach der neuen Situation ausrichten – ja, und dann auch noch Zeit und ein offenes Ohr für die Sorgen und Ängste Ihrer Mitarbeiter/innen haben.

Als Ansprechpartnerin für meine Apotheken-Kunden bin ich mitten im Geschehen.

Es gibt auch schöne Momente in Apotheken: Die Kunden sind dankbar, dass sie auf Sie als persönliche Ansprechpartner zählen können. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Apotheke vor Ort ist plötzlich wieder in den Köpfen der Menschen. Und aktuell regnet es persönliche Dankesbekundungen von allen Seiten, kollektives Danke-Klatschen ist gerade angesagt. Sie fühlen sich als Apotheker/in wieder wertgeschätzt.
Und als Lohn für all die Mühe durfte die Apotheken-Branche teils kräftige Umsatz-Zuwächse erwirtschaften.

Doch wie lange wird dies anhalten?

Parallel zu dieser Entwicklung geht nämlich auch anderswo – im wahrsten Sinne des Wortes – die Post ab. Der Online-Handel, darunter auch Versand-Apotheken, verzeichnen Umsatz-Rekorde. Der gesamte E-Commerce-Bereich explodiert.
Die Nachfrage ist hier so groß, dass es zu Lieferverzögerungen kommt. Doc Morris“ sucht nun Verbündete unter den stationären Apotheken, „Zur Rose“ berichtet vom besten Jahr „ever“ und Amazon stellt tausende neue Mitarbeiter ein …

Das ist eine Entwicklung, die auch für die stationäre Apotheke langfristig gesehen von größter Bedeutung sein wird.

Die Menschen sitzen daheim und sind großteils den ganzen Tag online. Auch die letzten Internet-Verweigerer surfen sich jetzt durch diverse Social-Media-Kanäle. Sie suchen Rat, holen Informationen ein, tauschen sich aus und haben nun Zeit, das Handling von Online-Bestellungen zu erlernen.

Wer als Apotheker die digitale Präsenz bisher vernachlässigt hat und auf Social Media ohne Plan hauptsächlich mit Preisreduktionen, Aktionsankündigungen sowie „lustigen Posts“ punkten wollte, fällt spätestens jetzt durch.

Social Media steht für SOCIAL – und nicht für Sale!

Die Menschen folgen jenen, die auch hier mit einem ansprechenden Profil überzeugen:
Denen, die einen tiefergehenden Sinn und verständliche Gründe liefern, warum man ihnen vertrauen kann. Und warum man bei ihnen kaufen soll. 

Was bedeutet all dies nun für die Zukunft Ihrer Apotheke vor Ort?

Es zeigt vor allem eines noch deutlicher als vor der Corona-Krise: Die stationäre Apotheke muss sich dem wachsenden Wettbewerb und dem Online-Handel aktiv stellen.

Es ist höchste Eisenbahn, die Zeichen der neuen Zeit (an-) zu erkennen! Höchste Zeit, den Blick nach vorne zu richten und die Weichen auf einen neuen Kurs zu stellen:
Vom selbständigen Pharmazeuten zum Apotheken-Unternehmer.

Wer seine Apotheke erfolgreich in die neue Zeit führen will, kann es sich nicht eine Sekunde länger erlauben, hauptsächlich als pharmazeutische Experten-Fachkraft in seinem eigenen Betrieb zu arbeiten. Wer jetzt nicht bereit ist, die WICHTIGEN zukunftsrelevanten unternehmerischen Tätigkeiten anzupacken, für den ist der Zug bald abgefahren.

Aber Vorsicht vor angstgetriebenem Aktionismus und dem Irrglauben, mit ein paar neuen digitalen Tools wäre alles geregelt!

Ohne eine klare Ausrichtung und Vorstellung Ihrer Zukunft werden Ihre Aktivitäten ins Leere gehen. Ebenso die Chancen der Digitalisierung und des zeitgemäßen Marketings.

Nur wer ein klares Bild von der ZUKUNFT seiner Apotheke hat, weiß wohin er will, kann schon im HEUTE sein tägliches Tun und Handeln gezielt darauf ausrichten. Sie geben damit eine klare Richtung vor, sorgen für Orientierung und Fokus, sorgen für durchdachtes Handeln. Auch Ihr Team erhält damit Orientierung – und Sie vermeiden kostspieligen Aktionismus in allen Richtungen!

Und das ist notwendig, denn auch Digitalisierung, Social Media und E-Commerce werden immer stärker zum Einsatz kommen müssen – und zwar gut überlegt und taktisch durchdacht.

Ein klares Zukunftsbild schafft Identität, motiviert Mitarbeiter und bindet Kunden.
Wenn wir das Bild von der Zukunft unseres Apotheken-Unternehmens kreieren, dann schaffen wir zugleich auch Identität. Eine Identität, die sich in den Köpfen aller Menschen, die in der Apotheke arbeiten und einkaufen, einprägt und verbindet.

Nur ein klares Zukunftsbild hat die Kraft, langfristig zu begeistern, Mitarbeiter zu inspirieren und Kunden zu binden.

Viktoria Hausegger
Expertin für Unternehmerwissen, Positionierung & Marketing für Apotheken
Gründerin der Akademie für Apotheken-Unternehmer
Autorin dieses Fachartikels

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